„Oh mein Gott, scheisse, mein Akku ist leer und es sind noch
zehn Minuten bis nach Hause!“
Diesen Satz hörte ich letzte Woche in einem Zug mittags um
halb drei. Gesagt hat ihn ein vielleicht 12-jähriges Mädel. Viel interessanter
ist folgendes:
Am Bahnhof von Babenhausen hab ich beim Warten auf meinen
Zug letzt 2 Mädels beobachtet, etwa 17 oder 18, die Beiden haben sich
unterhalten bis das Handy der einen klingelte. Sie geht ran, telefoniert kurz,
bis wieder ein Handyklingeln zu hören ist. „Wart mal kurz, ich bekomm noch
einen Anruf“, sagt sie, hält das Handy von sich weg und geht ans nächste Handy
ran, auch da kurzes Gespräch, wieder ein klingeln. Sie reicht das erste Handy
ihrer Freundin, woraufhin sich diese mit dem Gesprächspartner unterhält, sagt
in Handy Nummer zwei, das sie mal kurz rangehen müsse und packt das dritte
Handy aus!
Hmm, dachte ich mir, die muss verdammt wichtig und extrem
reich sein. Drei Handy, die alle klingeln und die sie auch noch alle
beantwortet. Zehn Minuten später waren alle drei Anrufer abgefertigt und ich
stieg lächeln in meinen Zug. Leute gibt’s.
Aber anscheinend wird man nicht mehr verschont, neben mir
saßen wenig später ein paar coole Jungs, die ihr Handy als Jukebox benutzten.
Würde mir ja nix ausmachen, wenn sie nicht so einen Mist gehört hätten und sich
dieser übers Handy nicht so scheisse angehört hätte. Aber wer so cool ist, der
braucht auf so was nicht zu achten, genauso wenig wie auf die Nerven der
Mitfahrenden.
Immer mehr scheint es Leute zu geben, die ohne Handy nicht
mehr leben können. Notfälle heißt es, ich muss eben erreichbar sein ... klar,
damit der Klatsch über die beste Freundin noch eintrifft, bevor man sich später
bei ihr einschleimt. Das ist ein gigantischer Notfall, denn wie stände man denn
da, wenn man sie nicht trösten könnte, da ihr Freund sie eben verlassen hat,
nur weil man selbst ihn solange angegraben hat.
„Ohne Handys fühlen wir uns nackt“, hab ich letzt in einem
Interview gelesen. Klar, kann ich verstehen, wenn mir die Hose in der Kniekehle
hängt, würde ich mich ohne Handy auch nackt fühlen, denn die lustigen
Klingeltöne lenken immerhin noch davon ab, wie peinlich ich rumlaufe. Dass das
Handy ein Statussymbol ist, weiß ich längst. Wer keine dicken Eier hat, hat
eben zwei Handys in der Hose, sieht genauso dick aus. Und Leute mit nem Nokia
3210 leben eh hinterm Mond und haben mindestens 10 Jahre verpasst. Ich meine,
das Ding ist noch nichtmal in Farbe. Das ist ja wie Gameboy spielen oder noch
schlimmer, es soll auch noch Leute geben, die noch einen Atari haben. Sehr
Rufschädigend.
Aber zurück zur Handygesellschaft. Ich finds lustig worüber
sich Jugendliche so alles beschweren. Ich schnappe ja einiges im Zug auf, da
sich leise unterhalten nicht zu den stärken des Klientels gehört.
„Ich finds voll scheisse von meinen Eltern“, hörte ich
letzt. „Die wollen meine Handyrechnung nicht mehr bezahlen und meinte, ich soll
mir doch nen Job suchen.“
Naja, ich kann die Eltern verstehen. Immerhin kam im Laufe
des Gesprächs raus, das die Handyrechnung eine Höhe von monatlichen 120€ hatte
und das in Zeiten der Minutenpakete und Spartarife. Aber, für Notfälle muss man
doch erreichbar sein.